Anlässlich der heute im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie stattfindenden Sachverständigenanhörung zum GWB-Digitalisierungsgesetz warnt der Handelsverband Deutschland (HDE) vor Überregulierungen in Folge unverhältnismäßiger Eingriffe in die Vertragsfreiheit.
Der Gesetzgeber verfolgt das Ziel, Marktmachtmissbrauch von großen Digitalunternehmen zu verhindern. Die verschärften Regeln können nach Einschätzung des HDE allerdings auch die Unternehmen außerhalb des Digitalbereichs treffen.
Bereits mit der vorhergehenden GWB-Novelle hatte der Gesetzgeber den kartellrechtlichen Rahmen an die Herausforderungen der Digitalisierung angepasst. „Der HDE hat grundsätzliche Bedenken, ob darüber hinaus weitere gesetzliche Änderungen erforderlich sind“, so HDE-Experte Peter Schröder. Grundsätzlich sei es sinnvoller, die Praxistauglichkeit des erst 2017 in Kraft getretenen neuen kartellrechtlichen Rahmens im Jahr 2022 zu evaluieren und in diesem Zuge konkrete praktische Defizite zu benennen.
Im Hinblick auf die aktuellen Pläne bewertet der HDE insbesondere die Erweiterung des Schutzbereichs bei einem „Behinderungsmissbrauch“ kritisch. Dieser schützt bisher nur kleine und mittelständische Unternehmen und soll nun auch dem Schutz von Großunternehmen dienen. „Diese Erweiterung ist nicht nur unnötig, sondern wird mit ihrem Eingriff in die Vertragsfreiheit voraussichtlich auch wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfalten“, so Schröder.
Zudem warnt der HDE vor einer weiteren Verschärfung des nationalen Kartellrechts über die Vorgaben des Regierungsentwurfs hinaus. „Ob die auf EU-Ebene diskutierten Restriktionen für Digitalunternehmen tatsächlich verabschiedet werden, lässt sich aktuell noch gar nicht absehen“, so Schröder. „Statt eine weitere Verschärfung des § 19 a GWB mit seinen speziellen Regeln für mehrseitige Märkte in Betracht zu ziehen, sollte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der neuen Restriktionen besser eindeutig auf reine Digitalunternehmen beschränken, um Kollateralschäden in klassischen Wirtschaftsbereichen zu vermeiden“, fordert Schröder.