Mit Blick auf den in der Ressortabstimmung befindlichen Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Steigerung der Tarifbindung bekräftigt der Handelsverband Deutschland (HDE) seine Kritik an einem Tariftreuegesetz. Die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes per Gesetz an die Tarifvertragsbindung zu koppeln, lehnt der HDE ab.
„Ein Tariftreuegesetz wäre letztlich ein Tarifzwang durch die Hintertür“, so Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer für Arbeit, Bildung, Sozial- und Tarifpolitik. Die branchenübergreifend rückläufige Tarifbindung hierzulande sei vor allem auch auf die überbordende staatliche Regulierung im vergangenen Jahrzehnt zurückzuführen. „Diese Fehlentwicklung will die Bundesregierung jetzt offenbar durch noch mehr Bürokratie und Regulierung korrigieren. Das wird nicht funktionieren“, so Haarke weiter. Unternehmen hätten laut Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes ein garantiertes Recht auf negative Koalitionsfreiheit. „Auch zulässige Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen sind daher völlig legitim, um die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze zu sichern“, so Haarke. Die im Entwurf vorgesehene Einschränkung sei deshalb ebenso abzulehnen.
„Tarifverträge auszuhandeln, ist allein Aufgabe der Sozialpartner. Mehr staatliche Einflussnahme ist nicht hilfreich“, betont Haarke. Das gelte insbesondere für rein politisch motivierte Anhebungen des Mindestlohnes per Gesetz ohne Beteiligung der unabhängigen Mindestlohnkommission wie zuletzt im Jahr 2022. „Auch öffentlich vorgetragene Erwartungshaltungen von Mitgliedern der Bundesregierung bezüglich der zukünftigen Mindestlohnhöhe sind nicht nachvollziehbar“, so Haarke weiter. Die Mindestlohnkommission habe sich etabliert und die Entscheidungen bewegten sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Demnach habe sich die Mindestlohnkommission bei ihrer Empfehlung nachlaufend an der Tarifentwicklung zu orientieren.
Der HDE hat bereits in der Vergangenheit immer wieder konstruktive Vorschläge öffentlich eingebracht, wie sich die Tarifbindung in der Wirtschaft effektiv steigern lässt, ohne dabei aber die Tarifautonomie unverhältnismäßig zu beschädigen. „Die Tarifpartner benötigen wieder mehr Handlungsfreiheiten durch zusätzliche Öffnungsklauseln im Gesetz“, fordert Haarke. Sinnvoll wäre auch die Einführung einer Modularität von Tarifverträgen, bei der sich nicht tarifgebundene Arbeitgeber für einzelne Module (z. B. Entgelt) aus einem Tarifwerk entscheiden dürfen. (Quelle: HDE)