Mit Blick auf die Proteste der Landwirtschaft und die aktuelle politische Debatte über die Preisgestaltung von Lebensmitteln machen der Handelsverband Deutschland (HDE) und der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) darauf aufmerksam, dass die derzeitige Diskussion nicht die tatsächliche Stellung des Handels in der Lebensmittelwertschöpfungskette widerspiegelt. Agrarrohstoffpreise würden maßgeblich von der verarbeitenden Ernährungswirtschaft und den Weltmarktpreisen bestimmt.
„Dem Lebensmittelhandel kommt in der Preisgestaltung von Lebensmitteln nur eine untergeordnete Rolle zu. Die aktuelle politische Debatte zeigt da große Missverständnisse auf“, so Björn Fromm, HDE-Vizepräsident und Präsident des BVLH. Häufig werde dem Lebensmittelhandel eine sehr weitgehende Verantwortung in der Lieferkette übertragen, die überhaupt nicht seiner tatsächlichen Stellung innerhalb der Wertschöpfungskette entspreche. Auch seien direkte Vertragsverhältnisse zwischen Handel und Landwirtschaft eher selten. „Wo aber solche direkten Vertragsbeziehungen bestehen, werden diese unserer Erfahrung nach von der Landwirtschaft geschätzt“, so Fromm weiter.
In der Regel werden die meisten Agrarrohstoffe für die Verarbeitung zu Lebensmittelprodukten an Unternehmen der Ernährungswirtschaft verkauft, wie Molkereien oder Schlacht- und Zerlegebetriebe. „Diese Zwischenstufen bestimmen maßgeblich den Vertrieb sowie die Verwendung oder Verarbeitung der meist standardisierten Rohstoffe, die dann einem starken Wettbewerb ausgesetzt sind“, betont Fromm. Wichtigster Absatzkanal für Molkereien, Schlacht- und Zerlegebetriebe sei zudem insbesondere der Export. Etwa 50 Prozent des angelieferten Rohstoffs werde im Ausland vermarktet. Von großer Bedeutung für die Preisbildung landwirtschaftlicher Rohstoffe seien daher insbesondere die Weltmarktpreise. Im Inland sei der Lebensmittelhandel ein wichtiger Abnehmer, allerdings neben Gastronomie, weiterverarbeitender Industrie und Großverbrauchern. „Dem Lebensmitteleinzelhandel in der Preisbildung eine entscheidende Marktmacht zu unterstellen, ist schlicht eine Falschaussage“, so Fromm. In Deutschland seien mehrere Abnehmer an der Nachfrage und somit an der Preisbildung beteiligt.
„Zunehmend bietet der Lebensmittelhandel mit regionalen Produkten, Bio- und Tierwohl-Sortimenten auch Mehrwertprodukte an, die dem Erzeuger höhere Erlöse bringen“, so Fromm. Diese Mehrwertprogramme sorgten durch längerfristige Lieferverträge und Preisgarantien für Einkommens- und Investitionssicherheit bei den teilnehmenden Landwirten.
In dieser Woche haben HDE und BVLH bereits die Fraktionsvorsitzenden der Ampel-Koalition in einem gemeinsamen Schreiben auf die Missverständnisse in der aktuellen politischen Debatte über die Preisgestaltung im Einzelhandel aufmerksam gemacht. (Quelle: HDE)