Handel im Gespräch 2019
Münster, 29.04.2019
Handelsverband wählt einen neuen Vorsitzenden

Stefan Grubendorfer, Vorsitzender Handelsverband NRW Westfalen-Münsterland Foto: Michael Kuhlmann
Der Handelsverband hat in seiner Beiratssitzung am 29.04.2019 einen neuen Vorsitzenden gewählt:

Michael Radau übergibt das Amt des Vorsitzenden an Stefan Grubendorfer
Foto: Michael Kuhlmann Foto: Michael Kuhlmann
An Stelle des SuperBiomarkt Chefs Michael Radau ist der Rewe Händler Stefan Grubendorfer einstimmig gewählt worden. Der neue Vorsitzende bedankte sich für das in ihn gesetzte Vertrauen und versicherte, die hervorragende Arbeit Michael Radaus zusammen mit dem ganzen Vorstand fortzusetzen. Grubendorfers besonderes Augenmerk gilt dem betrieblichen und unternehmerischen Nachwuchs. So bezeichnet er sich als Ausbilder aus Überzeugung. Zugleich legt er als Verbandsvorsitzender Wert auf die Ansprache und enge Zusammenarbeit mit Jungunternehmerinnen und -unternehmern. Denn weil und damit Handel Spaß macht, will er gerade neue Ideen gezielt unterstützen und mit der Begeisterung junger Kaufleute zugleich die Verbandsarbeit befruchten.

v.l.: Michael Radau, Alexander Birken, Stefan Grubendorfer, Thomas Schäfer Foto Michael Kuhlmann
Beirat, Vorstand und Geschäftsführung ehrten zuvor Michael Radau für sein besonderes Engagement im und für den Handelsverband. Als besondere Höhepunkte seiner fünfzehnjährigen Ägide wurden die Verschmelzung der früheren Einzelhandelsverbände Münsterland und Westfalen-Mitte sowie die Etablierung der Veranstaltungsformate „Trialog“ und „Azubiverabschiedung“ gewürdigt. Zudem hat sich Radau in herausragender Weise um den gesamten Einzelhandel in der Region, in NRW und auf Bundesebene verdient gemacht und wird dies auch weiterhin tun – denn Präsident des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen und Vizepräsident des Handelsverbandes Deutschland bleibt Radau weiterhin und die enge Zusammenarbeit zwischen dem Regional- und dem Landesverband war und bleibt Richtschnur der Verbandsarbeit.
Handel im Wandel – 7 Thesen zu gelingender Transformation

Alexander Birken (Otto Group) bei Handel im Gespräch Foto: Michael Kuhlmann
Auf dem Weg in die digitale Zukunft

Alexander Birken, Vorstandsvorsitzender der Otto Group, bei seinem Vortrag 7 Thesen zur digitalen Transformation Foto: Michael Kuhlmann
Im Anschluss an die Beiratssitzung trafen sich auf Einladung des Verbandes mehr als 150 Gäste zur öffentlichen Veranstaltung „Handel im Gespräch“, in der Alexander Birken, Vorstandsvorsitzender der Otto Group, in seinem Vortrag 7 Thesen zu gelingender Transformation präsentierte. Ausgehend von Lampedusas Aussage: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, müssen wir zulassen, dass sich alles verändert“ machte Birken anschaulich deutlich, wie seine Unternehmensgruppe mit der digitalen Transformation umgeht, wobei er gleich zu Anfang klar machte, dass sowohl der Kataloghandel als auch der stationäre Handel weiterhin interessant blieben. Trotzdem müsse sich jedes Unternehmen auf den Weg der digitalen Transformation begeben, sich dabei aber immer bewusst bleiben, dass nicht Maschinen, sondern Menschen Transformation erzeugten. Zudem gebe es nicht die eine Unternehmenskultur, die als Maßstab der Veränderung herangezogen werden könne, d.h. jedes Unternehmen müsse für sich feststellen, welcher Weg der Richtige sei. Ferner setzt nach Birkens Überzeugung erst gelebter Kontrollverlust Kräfte frei, d.h. Führungskräfte müssten den Kollegen Freiräume geben und einen temporären Raum der Orientierungslosigkeit zulassen. Birkens Vortrag fand großes Interesse, was durch den langanhaltenden Applaus und durch die anschließenden Fragen aus dem Publikum deutlich wurde.

Stefan Grubendorfer dankt Alexander Birken für seinen Vortrag bei Handel im Gespräch Foto: Michael Kuhlmann
Handel im Wandel – Mittelstand unter Druck

Grudrun Guder (Vorstand Handelsverband) im Gespräch mit Dr. Peter Achten (HV NRW) Foto: Michael Kuhlmann
In seiner vorhergehenden Beiratssitzung hat der HV WM die aktuellen Herausforderungen insbesondere für den kleinen und mittelständischen stationären Handel diskutiert. Man war sich darin einig, dass trotz der bundesweit zum 9. Mal in Folge erzielten Umsatzsteigerung im Handel einmal mehr nicht der gesamte Einzelhandel gleichermaßen profitiert. Der Online-Handel ist mit einem Umsatzplus von fast 10 % der maßgebliche Wachstumstreiber, der stationäre Handel verzeichnet real gerade einmal Stagnation. Kleine und mittlere Unternehmen beklagen deutlich häufiger ihre wirtschaftliche Situation als Filialisten, Großunternehmen und Einkaufscenter, was auch auf unterschiedliche Standortqualitäten zurückzuführen ist. Denn die 1-A-Lagen werden immer öfter ausschließlich noch von Groß- und Filialbetrieben, Einkaufscentern und Warenhäusern geprägt, während Nebenlagen, Vororte sowie kleinere Städte nicht oder nicht mehr so oft von den Kunden aufgesucht werden. Das gilt zunehmend auch für immer mehr Innenstädte, in denen sich zuletzt weniger Passanten aufhielten – der Onlinehandel einerseits und das individuell veränderte Kundenverhalten (weniger, individueller, nachhaltiger, kostengünstiger, freizeitorientierter) machen sich deutlich bemerkbar. Aus Verbandssicht muss sich der stationäre Händler noch intensiver an den unterschiedlichen Kundeninteressen und -wünschen orientieren. Alexander Birken verwiese insoweit ins einem Vortrag darauf, dass der Kunde für sich nicht mehr nach „stationär“ und „online“ im Einkaufsverhalten unterscheidet, sondern situations- und stimmungsbedingt die jeweilige Arte des Einkaufs wählt.
In den Vororten, Nebenlagen und in den eher ländlich geprägten Regionen können nach Untersuchungen des HV WM aktuell nicht mehr alle Standorte über nur Positives berichten, wobei diejenigen Standorte, in denen rege Werbegemeinschaften sich mit Politik, Verwaltung und Gesellschaft zusammen um das richtige Vorgehen bemühen, offensichtlich besser aufgestellt sind und für größere Zufriedenheit bei den Händlern sorgen. Der HV WM appelliert daher an alle Akteure vor Ort, gemeinsam nach der jeweils besten Lösung für den ganzen Standort zu ringen. Denn für den HV WM gilt weiterhin, dass der Handel eines der wichtigsten Zugpferde für die Stadtentwicklung ist: er erfüllt eine Versorgungs- und Wirtschaftsfunktion und er übernimmt seit vielen Jahren eine unterschätzte Gemeinwohlfunktion – er zahlt Steuern, finanziert Stadtfeste, organisiert Events, ist Sponsor von Sportvereinen, Schulen und Kindergärten und fungiert als Treffpunkt und Kommunikationsort für die Bevölkerung.
Der HV WM setzt sich dafür ein, dass die Politik dem Handel die Chance erhält, sich weiter zu entwickeln. Auf Bundes- und Landesebene bedeutet dies u.a., dass die Kosten der Energiewende gerecht verteilt, der Wettbewerb zwischen den und die Behandlung aller Vertriebsformen des Handels (insbesondere des Onlinehandels) fair gestaltet, Daten-, Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz ausgewogen und weniger bürokratisch strukturiert sowie Steuern, Gebühren und Beiträge gesenkt bzw. auf das notwendige Maß begrenzt werden. Auf kommunaler und regionaler Ebene müssen die Rahmenbedingungen für attraktive Standorte erhalten oder geschaffen werden. Dazu gehören u.a. die Sicherung von Individual- und Lieferverkehr, damit Kunden und Waren in die Städte gelangen können, eine vom Kunden akzeptierte Erreichbarkeit der Handelsstandorte (Straßen, Parkplätze, Radwege, ÖPNV) und keine Fahrverbote, City Maut oder Umweltfahrspuren, sowie ein rechtlicher Rahmen für ausnahmsweise erlaubte rechtssichere Sonntagsöffnungen. Zudem ist die seit Jahren angemahnte Reform der Gewerbesteuer unabdingbar, damit nicht weiterhin Mieten und Pachten dem der Gewerbesteuer unterliegenden Betrag hinzuzurechnen sind.
Letztlich geht es dem Verband darum, möglichst gemeinsam mit Politik, Verwaltung, Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing, Hauseigentümern und Bürgern an allen Handelsstandorten, ob in der Innenstadt oder in Nebenzentren und in Vororten, ob in Dörfern oder in ländlich geprägten Regionen Abwechslung, Aufenthaltsqualität, Urbanität und Wohlfühlambiente auszubauen, zu erhalten oder wieder zu schaffen. Denn ohne diese Eigenschaften drohen Schließungen und Leerstände und letztlich ein Verlust an Lebensqualität für alle Bewohner.
Angesichts der bevorstehenden Europawahl wird auch seitens des Verbandes deutlich hervorgehoben, wie wichtig die Teilnahme an dieser Wahl ist, um in Europa nicht nur für die Unternehmen, sondern für alle Menschen demokratische Werte weiter zu leben – auch wenn die eine oder andere Entscheidung nicht immer die individuelle Zustimmung findet.
Ansprechpartner:
Thomas Schäfer
Geschäftsführer
Die Einladung zu Handel im Wandel ist als pdf hier aufrufbar.

Über unseren Referenten Alexander Birken, Vorstandsvorsitzender der OTTO Group
Alexander Birken, Jahrgang 1964 und geboren in Hamburg, hat am 1. Januar 2017 den Vorstandsvorsitz der Otto Group übernommen.
Zuvor war er als Konzern-Vorstand für die strategische Weiterentwicklung verschiedener Firmen verantwortlich. Er zeichnete u. a. für die Baur Gruppe, die Schwab Gruppe, die Witt Gruppe sowie die Otto Group Russia verantwortlich. Seit dem 1. August 2012 nahm er zusätzlich die Sprecherfunktion der Einzelgesellschaft OTTO wahr.
Nach dem Betriebswirtschaftsstudium an der Wirtschaftsakademie Hamburg nahm Birken seine erste berufliche Tätigkeit bei Philips Medical Systems auf.
1991 stieg er im Controlling-Bereich der Otto Group ein und übernahm in der Zeit von 1998 bis 1999 die Verantwortung für das Beteiligungscontrolling der Otto Group im amerikanischen und asiatischen Markt. 1999 bis 2002 leitete Birken das weltweite Beteiligungscontrolling der Otto Group.
2002 bis 2004 war er als Chief Operating Officer der Spiegel Group in Chicago, USA, tätig. Seit 2005 war Birken Mitglied des Vorstandes der Otto Group und maßgeblich für die erfolgreiche Expansion der Otto Group Russia verantwortlich. Zudem verantwortete er operativ die Bereiche Personal, Steuerung und IT von OTTO, die 2012 an den OTTO-Bereichsvorstand übergegangen waren.
Alexander Birken ist verheiratet und Vater von vier Kindern.
Handel im Wandel bei der Otto Group
Die Otto Group befindet sich mitten in der digitalen Transformation.
Die Unternehmensgruppe hat ihre Aktivitäten daraufhin ausgerichtet und erzielt weit mehr als die Hälfte ihres Umsatzes online.
Von Russland bis Nordamerika, vom ElectronicPayment-Spezialisten bis zum App-Entwickler.
Alexander Birken, der Vorstandsvorsitzende der Otto Group, präsentiert 7 Thesen, wie die digitale Wandlung gelingen kann.